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Hoffaktor Wilhelm Remy - Gönner der reformierten Kirche in Grenzhausen

Ein besonders hervorragendes Mitglied der Grenzhäuser Remy-Familien war der Hoffaktor Wilhelm Remy. 1662 als Urenkel des Jacques Remy geboren, war er erst Eulnermeister (Töpfermeister) in Grenzhausen, dann Handelsmann in Höhr und schließlich Kaufmann und Hoffaktor in Vallendar. Seine Grabplatte aus schwarzem Marmor ist in der Kirche unter dem Aufgang zur Empore aufgestellt.

Bei dem Aufschwung der heimischen Steinzeugwaren im 17. und 18. Jhd. ging man alsdann dazu über, kaufmännisch gebildete  Beamte, Faktoren, von Zunftwegen anzustellen um den Verkauf der Töpferwaren zu organisieren.
Wilhelm Remy (1662–1729) wird als erster Faktor für diesen Raum erwähnt, nebenbei betrieb er aber auch noch eigene Geschäfte u.a. Weinhandel. Seine Ernennung zum Hoffaktor lässt darauf schließen, dass er solche auch für den Grafen zu Wied-Neuwied besorgte. Ein Hoffaktor war ein an einem höfischen Herrschaftszentrum bzw. Hof beschäftigter Kaufmann, der Waren, Heereslieferungen oder Kapital für den Herrscher beschaffte. Mit der Ernennung zum Hoffaktor war Wilhelm berechtigt ein eigenes Wappen zu führen, dieses ist auf der Marmorplatte abgebildet. Der fromme Wilhelm, der keine Nachkommen hatte, kam so zu einem  beachtlichen Vermögen. Noch vor seinen Tod gründete er eine beträchtliche Stiftung zu Gunsten der Kirche in Grenzhausen.1
Aus dieser Stiftung wurde der reformierte Prediger „Johann Friedrich Andrae“  bezahlt. Die Grenzhäuser Kirche bekam so im Jahr 1720 ihren ersten eigenen Pastor und es wurde fortan ein Kirchenbuch geführt. Die Stiftung bediente ebenfalls ein Rentenfond für die Armen in Grenzhausen.  Ein Schulhaus und  Pfarrhaus wurde gebaut, worin später der Küster wohnte. Beide Häuser standen in unmittelbarer Nähe der Kirche, sie wurden jedoch 1969 abgerissen. Die gusseiserne Grabplatte des Predigers Andrae‘s befindet sich ebenfalls im Inneren der Kirche. Das Legat (Schriftstück) der Stiftung mit der eigenhändigen Unterschrift des Hoffaktors befindet sich im Grenzhäuser evangelischen Pfarramt.
Es ist anzunehmen, dass die Grabplatte von Wilhelm Remy und die des Prediger's Andrae mit dem Bau des jetzigen Kirchenschiffes an der Wand aufgehängt wurden. Die Oberfläche der Marmorplatte des Wilhelm ist stark  abgeschliffen, deshalb liegt die Vermutung nahe, dass diese in einen früherem Kirchenschiff im Fußboden eingelegt war und eifrig begangen wurde.

1 Quelle Gesellschaft für Geschichte und Heimatkunde von Bendorf und Umgebung e.V.

Inschrift des Marmor-Grabsteines im Inneren der Kirche

,,ANNO 1729 DEN 12TEN JANUARY STARB DER WOHL EDLE HERR WILHELM REMY KAUF UND HANDELSMANN IN VALLENDAR. LEICH TEXT LUCAE 18 V 13 GOTT SEY MIER SINDER GNAEDIG"

Die Verfügung zur Stiftung beginnt mit den Worten:

„In dem Nahmen der allerheyligsten vndt allezeit Hochgelobten Heyligen Drey-Eynigkeit Gott Vatter Sohn vndt Heyliger Geist amen."

Im Testament von 1727 setzt Wilhelm Remy Vermächtnisse in der Höhe von 16.000 Reichstalern aus. Darunter zwei Stiftungen von je 4000 Reichstalern für die Predigerbesoldung und zum Besten der Armen in Grenzhausen, worin es heißt:

……und weilen ich laut Testament viertausend Reichstaler in die Kirche nach Grenzhausen vermacht habe, um einen eigenen Pastor in Grenzhausen unterhalten zu können, deswegen ein Pfarr- und Schulhaus zu bauen oder kaufen zu müssen, so erlaube ich hiermit, daß der hinkünftige Armenpfleger in Grenzhausen zu dem Pfarrhaus von den Armenrenten geben tue, die ersten nacheinander folgenden 12 Jahre und alle und jedes Jahr fünfzig Reichstaler, tut aber die 12 Jahre sechshundert Rtlr. Nach den verflossenen 12 Jahren aber sollen die armen Leute die Pension von den viertausend Rtlrn. wieder haben und genießen".

1728 wiederholt er sein Testament und gibt in einem Passus die Anweisung, falls er plötzlich versterben sollte, so seien seine Erben gehalten, das Büchlein und die Obligationen nach Grenzhausen zu geben.

Die restlichen 4000 Reichstaler vermacht er seinem Bruder Peter in Biskirchen, seiner Nichte Anna Maria verh. mit Johannes Remy in Grenzhausen, sowie seinen Neffen Johannes Mennicken, Wilhelm Remy und Anton Remy. Zu Testaments-Exekutoren, besonders für die sorgfältige Behandlung des Weins, bis solcher vortheilhaft verkauft werden könne, setzte er an: sein Bruder Andreas und seine Neffen Wilhelm Remy und Gilles Sohn Wilhelm Remy; ihnen steht dafür eine Entschädigung von jeweils 300 Reichstalern zu. Sein übriges Vermögen fällt zu drei gleichen Teilen seinem Bruder Andreas, den Kindern seines verstorbenen Bruders Gilles, sowie seiner Schwester Elisabeth verh. Corzilius zu.

Das Testament endet:

,,Vallendar den 3 Tag April 1727. Wilhelm Remy mit meiner eigen Hand geschrieben vndt zu mehrer Bekräfftigung mein Pettschafft  beigedruckt". 

Wortbildungen teilweise im Original belassen
Petschaft: Siegelstempel Wappen
Quelle: Eine genealologische Bestandsaufname "Die Familie Remy" von Ilse Müller, Günther Schweizer und Peter Werth

Die vier stark verwitterten grauen Grabsteine von 1726-1749 im Außenbereich an der Südseite unserer Kirche, sind einigen Geschwistern des Wilhelm Remy und verschwägerten Personen zuzuordnen. Der vordere linke Grabstein mit dem lothringischen Doppelkreuz ist von Wilhelms Bruder Andreas und seiner Frau. Das lothringische Doppelkreuz ist das Merkmal der Familie Remy, es deutet auf die Einwanderung des Urvaters Jacques Remy hin, der aus Lothringen 1586 zu uns nach Höhr kam. Die Grabsteine sind stark verwittert, denn sie stehen mittlerweile fast 300 Jahre ungeschützt um die Kirche herum. Die Grabsteine wurden hier auf dem Kirchengelände vermutlich auch schon mehrmals umgesetzt. Der Friedhof an der Kirche wurde 1843 aufgegeben. Die vier Remy-Grabsteine verblieben, Gott sei Dank auf dem Kirchengelände.

ANNO 1749 D 18 JULY STARB DER WOHL ACHTBAHRE ANDREAS REMY VON HÖRN SEINES ALTERS 67 JAHR 11 MONATH HAT NACH DEM TOD SEINER ERSTEN FRAU IM WITWENSTAND ZUGEBRACHT 3½ JAHR IN ZWEYTER EHE MIT MARIA CHRISTINA WEYLAND THOMAS FISCHERS WITTIB GELEBET 9 JAHR 9 MONATH  NACHMAHLS WIDER IM WITWENSTAND ZUGEBRACHT  6 JAHR 6 MONATH 8 TAG WARD GEBOHREN 1682 D. 18 AUGUSTI ER RUHET NUN IN GOTT UND WARTET DER FROHEN AUFERSTEHUNG LEICH TEXT PSALM 90 W 19

Der Eintrag im Kirchenbuch lautet:
Remy, Andreas, lebte in Höhr, bis er das zweitemal Witwer wurde, danach in Grenzhausen,
geb. Höhr 18.8.1682, † Grenzh. 18.7.1749, □ Grenzh. 20.7.1749,, derselbe war den 17' dito abends um 6 uhr mit einem schlagfluß hart befallen, woran er andern morgens den 18¹ dito morgens um 3 uhr verstorben."


Quellenangabe

1. Die Familie Remy und die Tonwarenindustrie.Vortrag von Herrn Dr. Ludwig Beck und Alfred Stauber, Grenzhausen
2.Eine genealologische Bestandsaufname „Die Familie Remy“ von Ilse Müller, Günther Schweizer und Peter Werth..
(Wortbildungen teilweise im Original belassen)


Der Einwanderer Jacques Remy und sein Urenkel Wilhelm Remy

Zur Zeit der Einwanderung des Häfnergesellen (Töpfer) Jacques Remy (Jakob genannt) 1586 nach Höhr kam auch er den aus Siegburg stammenden Zunftmeister Anno Knütgen. Knütgen verbesserte die Brennöfen und die Blaufärbung der Tonwaren mit Kobalt. Die blau gemalten Kannen, Krüge und Töpfe fanden überall  große Verbreitung.
An dem Emporblühen dieses Ortes beteiligte sich die Familie Remy in hervorragender Weise, denn sie nutzten offensichtlich auch die neue Grau-Blau Herstellungstechnik des Anno Knütgen. Jakob Remy konnte zunächst nicht daran denken, sich selbstständig zu machen, denn nach der damaligen Zunftsordnung konnte nur der Sohn eines Zunftsmeisters in die Zunft aufgenommen werden. Nur wenn ein Geselle die Witwe eines Meisters heiratete und das Geschäft weiterführte, konnte er Aufnahme finden. Jaques Remy gelang es endlich durch seine Heirat mit Catharine Wingender im Jahre 1595, auf diesem Wege Zunftsgenosse zu werden. Jakob Remy hatte zwei Söhne, die jeder wieder 11 Kinder hatten und in den folgenden Generationen war der Kinderreichtum in diesem Geschlecht noch größer. Wenn auch nach der Zunftsordnung nur ein Sohn in dem väterlichen Geschäft Meister werden konnte und die anderen Söhne entweder bei dem Bruder als Gesellen arbeiteten oder einem anderen Beruf ergreifen mussten, so sind doch viele Nachkommen Jakob Remy‘s auf dieselbe Weise, wie ihr Stammvater Eulnermeister geworden und zwar nicht nur in Höhr sondern auch in Grenzhausen, Hilgert, Mogendorf, Bendorf, Grenzau und an anderen Orten. Besonders in Grenzhausen nahmen die Remy‘s  rasch zu, denn die protestantischen Remy’s  wurden im katholischen Höhr an ihrem kirchlichen Leben gehindert. So zogen einige Remy-Familien ab 1675 in das protestantische Grenzhausen, in das tolerante Herrschaftsgebiet des Grafen zu Wied.1
Friedrich III. von Wied war zu dieser Zeit regierender Graf der Grafschaft Wied und Gründer der Stadt Neuwied. Als einer der ersten Landesherren im Reich setzte er auf religiöse Toleranz als Mittel der Bevölkerungspolitik.2

Seit 300 Jahren oder 15 Generationen gehören die Remy’s mittlerweile zum Kannenbäckerland. Damals gehörten allein von 107 Mitgliedern der Zunft in Grenzhausen 25 der Familie Remy an. Unter den Unternehmern des 19. und 20. Jahrhunderts, sowie unter den Arbeitern fanden sich noch viele Remy‘s, die alle von dem Jacques (Jakob) Remy abstammten, der 1586 aus Lothringen nach Höhr einwanderte.1

1 Quelle:.Eine genealologische Bestandsaufname „Die Familie Remy“ von Ilse Müller, Günther Schweizer und Peter Werth
2 Quelle: Wikipedia

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